Game "Deine Stimme"

Deine Stimme

Aus der Praxis

Im Rahmen der Game-Produktion haben wir das Game an allen weiterführenden Schularten in verschiedenen Jahrgangsstufen getestet. Hier folgen einige unserer Beobachtungen, die Ihnen beim Einsatz des Games im Unterricht hilfreich sein könnten.

Für welche Jahrgangsstufen ist das Game geeignet?

Konzipiert wurde das Game für junge Menschen ab 15 Jahren, die sich schon mit Wahlen befassen. Wir haben auch Tests in der 8. Klasse durchgeführt (Mittelschule und Gymnasium). In beiden Klassen war das Engagement der Schülerinnen und Schüler sowohl während des Spiels als auch in der Nachbereitung sehr groß. Auch wenn diese noch von der Teilnahme an Wahlen weit entfernt waren, nahmen sie mit großem Interesse teil und diskutierten im Nachgang über Fragen zu Wahlentscheidungen. Nach oben hin ist hingegen keine Altersgrenze gesetzt.

Welches Ende wird am häufigsten erreicht?

Bei unseren Tests wählten zehn von zwölf Klassen überwiegend die Troy-Partei, entschieden sich also für eine Diktatur. In acht von zehn Klassen wurde gegen die Diktatur protestiert, nachdem klar war, in welche Richtung Liam Roy das Land lenken will. Die Schülerinnen und Schüler wählten dann statt einer Prämie im Like-Points-Shop den Protest-Button.

Nur in einer Klasse wählten die Schülerinnen und Schüler überwiegend Cogito und damit die Demokratie. In einer anderen gab es trotz einer Mehrheit für Cogito „genügend“ Stimmen für Liam Roy, sodass dieser einen Coup versuchen konnte. Für die KIP und die Sport-Partei Active gab es meist eher wenige Stimmen.

Warum ist Liam Roy so populär?

Liam Roys Figur wirkt cool und authentisch. Er geht seine Gegnerin Hanna Bann ziemlich hart an und bietet einfache Lösungen für komplexe Probleme an. Er wird als überlegener Macher wahrgenommen, der weiß, wo es langgeht. Ihm gegenüber wirkt Hanna Bann teilweise etwas sperrig und wenig souverän. Das macht sie für viele Schülerinnen und Schüler eher unattraktiv, unabhängig davon, ob Liam Roys populistischen Attacken auf demokratische Werte wie die Unantastbarkeit der Würde, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Datenschutz ihn als Antidemokraten demaskieren. So beruht die Wahl für Liam Roy oft eher auf Sympathie als auf inhaltliche Abwägungen. Dies gilt es in der Nachbereitung zu thematisieren.

Wir haben drei wichtige Stellen im Game identifiziert, an denen Liam Roy die Schülerinnen und Schüler für sich gewinnen kann:
 
1) Das Video, in dem Hanna Bann Wahlmanipulation zugibt und das sich aber nach der Wahl als Deepfake herausstellt, lässt die Schülerinnen und Schüler an Hanna Bann zweifeln. Liam Roys Strategie, Deepfakes einzusetzen, geht also auf. Entscheiden sich die Schülerinnen und Schüler vorher für den Info-Checker, erfahren sie, dass Atlari mit Deepfakes arbeitet. Die Beurteilung, ob das Video ein Deepfake ist oder nicht, ist an dieser Stelle nicht einfach. Hier kommt es darauf an, für wie plausibel man es auf Grundlage dessen, was man über Hanna Bann und Liam Roy weiß, hält, dass sie die Wahl stehlen will und Waffen für alle möchte.
2) Die News von Lukas Entführung und das Flehen von Lukas Mutter, Emma B. endlich zum Reden zu zwingen, setzen die Schülerinnen und Schüler unter Druck. Sie sind eher geneigt Liam Roy, der vermeintlich einfache, aber rechtlich und moralisch eher zweifelhafte Vorschläge (Folter durch Isolationshaft) macht, zu folgen. Dies ändert sich überraschenderweise kaum, wenn sie im Info-Checker erfahren, dass Isolationshaft durchaus Folter sein kann. Dass in einem Rechtsstaat auch die Würde von Strafgefangenen gewahrt werden muss, kann im Debriefing thematisiert werden. Auch die Tatsache, dass Angstmache und Alarmismus dazu führen können, dass man Entscheidungen nicht richtig abwägt.

3) Die letzte Abstimmungsrunde, bei der Liam Roy von seiner Kindheit in Armut erzählt, ist ein weiterer Punkt, der die Schülerinnen und Schüler überzeugt. Bereits zu Beginn des Games hätten sie aber durch den Steckbrief von Liam Roy erfahren müssen, dass dieser aus wohlhabenden Verhältnissen kommt. Er lügt und emotionalisiert seine potentielle Wählerschaft, um sich als jemand darzustellen, der sich von unten nach oben gearbeitet hat und daher das Vertrauen der Wähler verdient.
 

Wie sollte die Lehrkraft durch das Spiel leiten?

Die Tests zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler sich austauschen möchten. Sie diskutieren z.B. über die richtige Entscheidung bei Abstimmungen. Um diesen Diskussionen Zeit einzuräumen, wird im Game vor den meisten Entscheidungen eine Bedenkzeit von 15 Sekunden gegeben.

Die Schülerinnen und Schüler reagieren unterschiedlich auf die Abstimmungsfragen. Während einige aus dem Bauch heraus abstimmen, kommen andere an ihre Grenzen und werden sich dessen bewusst, dass sie weitere Informationen benötigen. Sie haben bei einigen Abstimmungen die Möglichkeit, den unparteiischen Info-Checker zu aktivieren. Diese Infos können sie in ihre Entscheidungen einbeziehen. Wir empfehlen bei der ersten Abstimmung, auf den Info-Checker hinzuweisen („Ihr wisst, ihr könntet auch den Info-Checker für mehr Infos nutzen. Dafür müssen allerdings mindestens so viele Leute aufstehen, wie angezeigt wird.“) Danach sollte die Entscheidung für den Info-Checker den Schülerinnen und Schülern selbst überlassen werden. Wie im realen Leben sollte das eigenständige Aufsuchen von vertrauenswürdigen Informationen aus der eigenen Motivation heraus stattfinden.

Wir empfehlen Lehrkräften, so wenig wie möglich ins Spiel einzugreifen und die Abstimmungen und die Wahlentscheidungen nicht zu bewerten oder zu kommentieren. Dies gilt auch, wenn sich einige Schülerinnen und Schüler dafür entscheiden, zu manchen Abstimmungen keine Stimme abzugeben. Häufig auftretende Fragen nach der Definition von Isolationshaft oder wie die Lage von Gewalttaten in dem Land wirklich sei, werden in Info-Checkern beantwortet. Die Antworten sollten daher nicht von der Lehrkraft kommen.

Lehrkräfte sollten bei den (nicht anonymen) Abstimmungen auf die Gruppendynamiken in der Klasse achten und diese ggf. im Nachgang thematisieren. Inwiefern war es wichtig, wie andere Mitschüler abgestimmt haben, und wie eigenständig waren die eigenen Entscheidungen?

Wie wichtig ist das Debriefing nach dem Spiel?

Wir empfehlen unbedingt ein Debriefing nach dem Spiel. Beim Debriefing kommt der Lehrkraft die wichtige Rolle zu, das Spiel gemeinsam mit der Klasse zu reflektieren und einzuordnen. Wir empfehlen zunächst ein Unterrichtsgespräch, bei denen die Schülerinnen und Schüler selbst Überlegungen anstellen, welche Konsequenzen andere Wahlentscheidungen gehabt hätten. Danach können die verschiedenen Enden in der Mediathek angeschaut werden. Sie können außerdem im FAQ-Bereich die am häufigsten gestellten Fragen der Schülerinnen und Schüler in Form von Kurz-Präsentationen aufrufen. Diese Kurz-Präsentationen können Sie sich auch im Vorfeld zum Einsatz des Spiels anschauen, um sich über die wichtigsten Aspekte vorab zu informieren.

Wichtig ist, die Schülerinnen und Schüler mit der positiven Botschaft zu entlassen, dass ihre Stimmen bei einer Wahl entscheidend sein können und sie mit ihrer Wahlentscheidung Politik aktiv mitgestalten können. Gegebenenfalls sollte die Lehrkraft darauf hinweisen, dass das Spiel weder die deutsche Parteienlandschaft darstellt noch das deutsche politische System, sondern lediglich zeigen will, wie einfach populistische Botschaften eigene Entscheidungen beeinflussen können. Dazu bietet die Handreichung weitere Tipps und Arbeitsblätter.

Durchführung der Wahl und das Austeilen der Wahl-Flyer

Vor dem Spiel sollten die Wahlurne (eine Box o.Ä.) und die Stimmzettel bereitliegen. Auch die Wahl-Flyer der Parteien sollten in der Nähe der Wahlurne liegen oder an einer Pinnwand o.Ä. hängen. Die Entscheidung, ob sie die Wahl-Flyer lesen wollen, sollten die Schülerinnen und Schüler selbst treffen. Die Flyer enthalten konkretere Informationen über die politischen Ziele der Parteien. Falls Schülerinnen und Schüler diese ignorieren, könnte das eine Frage beim Debriefing sein: Welche konkreteren Informationen hätten die Wahlflyer geliefert? Inwiefern hat das Lesen oder Nichtlesen der Wahl-Flyer den Wahlausgang beeinflusst?

Tipp: Bei größeren Gruppen kann es für eine zügige Bekanntgabe der abgegebenen Stimmen hilfreich sein, eine bis zwei Personen zu bestimmen, die bei der Auszählung helfen.

Woran hätte man erkennen Können, dass Liam Roy die Demokratie abschaffen möchte?

 Unter FAQ im Spielmenü oder in der Youtube-Playlist zum Game finden Sie eine Kurzpräsentation, die Beispiele für die problematischen und antidemokratischen Aussagen Liam Roys nennt.
 

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